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Bürgerversicherung und Gedanken zur Volkspartei SPD

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Das SPD-Präsidium hat ein Papier beschlossen, das eine (weitere) Reform des Gesundheitssystems anstrebt: die Bürgerversicherung. Ich bin kein Gesundheitsexperte, soweit ich es verstehe, ist es jedenfalls gut. Außerdem vertraue ich Nahles und Lauterbach, die das Papier gemeinsam verfasst haben. Die „taz” hält es für ein „weichgespültes Krankenversicherungs-Konzept”, was schon einmal ein gutes Signal ist: denn so sehr ich die „taz” schätze, mehrheitsfähig ist sie in Deutschland nicht. Würde die „taz” also inhaltlich Beifall klatschen bei einem derart zentralen Thema, dann müsste man als Volkspartei stutzig werden.

Bei Facebook beschweren sich einige meiner SPD-FreundInnen schon, der Beschluss sei nicht links genug; es sei zu lasch, die SPD sei nicht progressiv genug. (Und natürlich werde ich gefragt, wie es sein könne, dass ich das Konzept gut finde; ob ich Versicherungsvertreter sei, oder dumm. Was man eben so erdulden muss, wenn man mal was gut findet, was die Parteispitze macht.) Sascha Vogt, als Juso-Chef Vertreter der Partei-Linken, haut in die gleiche Kerbe wie meine Facebook-FreundInnen und stellt die Frage, „warum man Arbeitnehmer mit hohem Einkommen nicht stärker heranzieht”. Nun, der linke Flügel ist also anscheinend unzufrieden. Ich nehme es zur Kenntnis. Nun der Knaller: der „Seeheimer Kreis”, also der konservative Flügel der Partei, ist auch unzufrieden: Seeheimer-Chef Garrelt Duin hält es für „keine gute Idee, die Unternehmen in einer Größenordnung von fünf Milliarden Euro belasten zu wollen”.

Ich stelle also fest: das SPD-Präsidium hat ein Papier von Nahles/Lauterbach einstimmig angenommen, das umgehend vom linken und vom konservativen Flügel kritisiert wird. Und im Gegensatz zum „Tagesspiegel” schlussfolgere ich daraus nicht, dass die SPD „mit sich selbst unzufrieden” ist, sondern dass das ein ordentliches, solides Papier ist. Denn: wenn kein Parteiflügel komplett zufrieden ist bzw. beide grummeln, dann hat die Volkspartei SPD gute Chancen, ein mehrheitsfähiges Papier beschlossen zu haben. Ich hänge nicht der Idee an, dass ein Parteiflügel den anderen dominieren und niedermachen soll, sondern ich setze auf Konsens und Einheit. Wozu es führt, wenn ein Flügel seine Macht den anderen Flügel zu sehr spüren lässt und ihm die Luft zum Atmen nimmt, konnte man zuletzt in Hessen sehen, als der linke Ypsilanti-Flügel dem rechten Walter-Block nichts gönnte — am Ende hatte keiner was. Man sieht es auf Juso-Bundesebene, wenn die Juso-Bundesvorsitzenden mit schwachen Ergebnissen gewählt werden und die Jusos ständig Kleinkriege um Komma-Fehler und ähnlich weltbewegende Themen führen (die zum Glück fast niemand mitbekommt). Schleswig-Holstein stand meiner Meinung nach auch kurz vor so einer Situation. Glücklicherweise war Torsten Albig klüger als die Stegner-Gegner und hat mit Ralf Stegner den Schulterschluss gesucht. Das war richtig. Eine Volkspartei SPD, in der ein Flügel die ganze Macht will, wird scheitern. Auf Kreis-, Landes– und Bundesebene.

PS: Das heißt nicht, dass das Papier perfekt ist und nicht verändert werden darf. Das letzte Wort hat natürlich der SPD-Bundesparteitag. Das ist völlig klar.


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